Dienstag, den 06. September 2016 um 16:03 Uhr

Für Betreuung junger Leute soll es mehr Geld, Leute und Räume geben

von  OVZ-Online 06.09.2016
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OVZ-Artikel zum Thema "Jugendförderplan" - Ausgabe 06.09.2016

 

Neuer Jugendförderplan basiert auf neuen Daten, ist aber noch nicht beschlossen

 

Altenburg. Die Jugendarbeit im Kreis soll besser werden, mehr Personen erreichen und zukünftig auch Regionen abdecken, wo bislang keine Betreuung stattfand. Dafür ist mehr Geld eingeplant, das in Zukunft allein der Kreis und nicht mehr die jeweilige Gemeinde über eine freiwillige Drittelfinanzierung aufbringt. Das sieht der neue Jugendförderplan vor, der gestern vor der Presse vorgestellt wurde und morgen vom Kreistag beschlossen werden soll.

Grundlage dafür war eine Online-Befragung, an der sich 1235 der 10 119 im Kreis lebenden Kinder und Jugendlichen im Alter von zehn bis 25 Jahren beteiligt und auf die Fragen nach Wünschen und Verbesserungen bei der Freizeitgestaltung geantwortet hatten. Am häufigsten genannt wurden dabei überdachte Treffpunkte, Bolzplätze sowie mehr Angebote in Dörfern, wo es außer Sportvereinen überhaupt keine Freizeitmöglichkeiten gibt. Außerdem wünschten sich die Teilnehmer mehr Hilfe bei selbst organisierten Veranstaltungen.

Bei der ebenso erfolgten Befragung von 30 Bürgermeistern stellte sich unter anderen die Forderung nach einer stärkeren mobilen Jugendarbeit in ländlichen Regionen heraus. Die Gemeindeoberhäupter schilderten gleichzeitig auftretende Probleme bei bestimmten Jugendlichen, wie Suchtverhalten, Schulschwänzerei, Kriminalität, Obdach- und Arbeitslosigkeit. Für die Betreuung dieser Zielgruppe müsse mehr getan werden, hieß es. Auch müssten Jugendliche an ihren Teffpunkten aufgesucht werden.

Eine wichtige, jedoch nicht alleinige Zielgruppe des Planes sind sozial benachteiligte junge Leute. Im Landkreis leben über 1000 Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 18 Jahren, die von Hartz IV abhängig sind. Damit ist jeder sechste junge Mensch in diesem Alter auf diese Sozialleistung angewiesen.

Zuletzt war eine solche Analyse 2001 vorgenommen worden. Der auf diesen aktuellen Grundlagen erstellte neue Jugendförderplan sieht als Kernpunkte die Bildung von vier Sozialraumstandorten im Kreis vor, in denen es jeweils ein räumliches Angebot sowie vier bis fünf Vollzeitkräfte gibt, die dort tätig oder in den Regionen als mobile Betreuer unterwegs sind.

Region eins ist Altenburg-Nord und die VG Pleißenaue. Region zwei bezieht sich auf Altenburg, Nobitz sowie die VG Wieratal. Drei betrifft Meuselwitz, Lucka und die VG Rositz, vier den Raum Schmölln, Gößnitz sowie die VG Altenburger Land und Oberes Sprottental. Auf diese Weise sollen in den nächsten Jahren jene weißen Flecken verschwinden, wo bislang überhaupt keine Jugendarbeit stattfand.

Wie die Arbeit an diesen vier Standorten erfolgt, soll den Trägern der freien Jugendhilfe überlassen werden, die sich darum bewerben können. Deren Angebote werden abgefordert, sobald der Kreistag den Plan am Mittwoch genehmigt hat. Um die Jugendhilfe kümmern sich im Moment beispielsweise die Johanniter, die Innova, das MBZ Meuselwitz oder die Gemeinden selbst.

Es könnte allerdings passieren, dass der vom Jugendhilfeausschuss erarbeitete Plan morgen keine Mehrheit im Kreistag findet. Denn die vorgesehenen Ausgaben sind ein Vorgriff auf den Haushalt 2017, der noch gar nicht beschlossen ist. Vorgesehen ist, dass der Kreis in den kommenden Jahren mehr Geld für die Jugendarbeit ausgeben soll und dabei auch die Anteile der jeweiligen Gemeinden übernimmt. Bislang mussten diese ein Drittel der Kosten selbst finanzieren, konnten dies aus Geldnot mitunter jedoch nicht leisten. Durchschnittlich werden nun 1,7 Millionen Euro pro Jahr ausgegeben, 2015 waren es 1,1 Millionen Euro.

Der Altenburger SPD-Ortsvereinsvorsitzende Thomas Jäschke, der als Mitglied des Jugendhilfeausschusses am Plan mitwirkte, warb gestern vor der Presse für diese Mehrausgaben. „Wenn wir bei der Betreuung jetzt nachlassen, zahlen wir später dafür drauf.“ Dass der Kreis allein für alles aufkomme, stärke den Solidargedanken im Kreis.

 

 

Kommentar
Der Kreis zahlt längst drauf
 

Im Landkreis herrscht eine landesweit überdurchschnittlich hohe Jugendkriminalität. Mit 10,2 Prozent junger Leute ohne Job hat das Altenburger Land zudem den höchsten Wert unter allen Regionen in Thüringen. Und auch die Inanspruchnahme von Erziehungs- und Eingliederungshilfen erreicht mit 49 von 1000 Kindern und Jugendlichen den höchsten Wert im Freistaat. Das alles sind düstere und alarmierende Zahlen. Sie stehen im Jugendhilfeplan, den der Kreistag am Mittwoch beschließen soll.

Es wäre das Mindeste, könnte man denken, dass die Volksvertreter schon allein wegen dieser drei bedenklichen Kennziffern den Plan beschließen und damit die Mittel freigeben, um eine bessere Jugendarbeit zu ermöglichen. Auch die Warnung des Altenburger SPD-Chefs Thomas Jäschke sollte bei der Abstimmung hilfreich sein, wonach man später draufzahlt, wenn man jetzt in der Jugendhilfe nachlässt.

Die Wahrheit aber ist eine andere. Der Kreis zahlt längst drauf und das schon lange, weil er viele Dinge in der Vergangenheit versäumt hat. Vor allem fehlt es im Norden des Landkreises und in Altenburg an Rahmenbedingungen für eine wirtschaftliche Entwicklung, durch die eine signifikante Jugendarbeitslosigkeit erst gar nicht zum Thema geworden wäre. Zig Millionen für einen unnützen Flugplatz waren da, eine Autobahnanbindung für die Kreisstadt fehlt noch immer.

Vielleicht beschließt der Kreistag den Plan am Mittwoch noch nicht. Und redet erst mal darüber, wie lange man noch draufzahlen will.

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